Materialien
Teufelswerke – Anfragen an die Institutionen
zwischen 1976 und 1979 – Fritz Teufel aus dem Knast Moabit


An die Anstaltsleitung der UH+AA
8. Mai 1976 – Fritz Teufel, b116, Buchnummer 5116/75

Sehr gelehrte anstaltsleitung,
gestern hatte ich wieder mal das vergnügen einer routinefilzung mit damit verbundener invasion von vollzugsintellektuellen der alten schule. Ich wurde belehrt, in moabit gibt’s nen STEHZWANG FÜR SCHRÄNKE. Eigenmächtig und schon vor wochen hatte ich den schrank gekippt (also UMSTURTZ), wegen der größeren abstellfläche für aktenordner, bücher, radio, ferseher, und was sonst am kram unter SCHAMLOSER AUSNUTZUNG DER FREIHEITLICHEN ORDNUNG in meiner Zelle gesammelt hat in knapp ’nem dreiviertel jährlichen.

Bin den ansicht, daß der schrank höchstens ein halb so gefährlicher bursche ist wie ich. Warum soll er jahrelang stehen? Ich bitte um liegegenehmigung für den schrank, bin gerne bereit dafür meinerseits IM STEHEN ZU SCHLAFEN



An die Wahnstaltsleitung des uh + aa
5. September 1976 – Fritz Teufel, Knast Moabit

Liebe Wahnstaltsjunta, (bitte korrigieren Sie mich, wenn meine Vermutung, daß die Moabiter Wahnstaltsleitung junta-mäßig organisiert ist, etwa Besemer Jahn-Franke, trügen sollte.

Ich vermisse meinen Frosch Buback!

Der Gesuchte, den mir meine Mutter geschickt hat, ist groß und grün, auf einen Format vom Format Din-a-ziemlich. Nach einem ersten Gespräch hatte ich ihn Buback getauft und den Namen auch aufs Plakat geschrieben, so daß er im Falle seiner Auffindung kaum verwechselt werden sollte. Auf meine Fragen, wer denn Schuld daran sei, daß nach fünf Jahren Erfahrung mit der menschenvernichtenden Isolierung bestimmter mutmaß-Freiheitstriebtäter, diese nach wie vor praktiziert wird. Wer denn der große Drahtzieher der Einzel-Hofgangs-Anordnungsbande sei, sagte der Frosch immer wieder Buback. Auch nachdem ich ihm erklärt hatte, daß Buback allein wohl auch nichts ausrichten würde, ohne die willführige Unterstützung von menschenverachtenden Ministerialbürokraten, bräunlichen Bundesrichtern, skrupellosen Staatsschutzultras und eben jener Schmalspurdiaktatoren, die immer wieder die hohen Ränge der Vollzugshierarchie erklettern – der Frosch blieb bei seinem stereotypen Buback und hatte seinen Namen weg.

Am Freitag Morgen (3. September) hab ich den Frosch ausm Zellenfenster gehängt. Mit Tesafilm. Weil er so groß ist, daß er nicht auf die komische Papptafel passen würde, wo in den Zellen hier aufm Dora-Luxus-Flübel das Ankleben nur erlaub ist. Und außerdem ging gerade draußen der Kollege Weßlau und ich dachte mir, es schadet bestimmt nichts, wenn Buback mal sieht, wie stupide und pervers son Einzeldoofgang ist.

Jedenfalls muß dann einer dieser rauhen Winde, die ab und an im Berliner Vollzugsbereich rumtoben, den Buback untern Rock gefaßt und ihn vom Fenster geweht haben. Als ich wenig später selber mit Einzeldoofgang dran war – von Buback keine Spur mehr und kein Beamter und auch nicht die Herren von der Zentrale wußten was oder wollten was wissen von Bubacks Verbleib. Sollte Ihnen die Ergreifung des Buback gelungen sein, bitte ich um Auslieferung und werde ihn in Zukunft besser hüten. Wenn sich aber der Herren den Buback übern Schreibtisch hängen will, weil ihn der derzeitige Bundespräsident nicht naß-forsch genug und Fotos von Dschingiskhan schwer erhältlich sind, dann solls mir auch recht sein.



An den 1. Strafsenat beim Kammergericht Berlin
Antrag auf Genehmigung einer Wallfahrt

Januar 1979 – Fritz Teufel, UH + AA Moabit

Zum Zeichen meiner geläuterten und sich ständig weiter läuternden Gesinnung beantrage ich zum 8. Januar 1979 einen Aus-Flug nach Köln uns Aus-Führung zum Mahnmal für den verschiedenen Arbeitgeber-Präsidenten Hanns Martin Schleyer. Dortselbst möchte ich eine Stunde darüber meditieren, wie es mit einem solchen Wohltäter der Menschheit ein so böses Ende nehmen konnte. Um übertriebenen Aufwand und Hektik im Gefängnis Ossendorf zu vermeiden, beantrage ich, dass für meine Unterkunft und Verpflegung in Köln Christel Herkenrath, Brüssler Platz 19, Köln, zuständig sein soll. Frau Herkenrath hat am 9. Januar Geburtstag und gegen meinen Vorschlag keine Einwände.

Sollte all dies wider Erwarten an kleinlichen Einwänden und Bedenken von Bundesanwaltschaft und Gericht scheitern. So beantrage ich, wenigstens Frau Herkenrath einen einstündigen Geburtstagsbesuch in der so genannten Anklagebox im Saal 700 in Moabit zu genehmigen.

Da es Tage oder zumindest Stunden gibt, in denen sich der Vorsitzende i. V. Weiß „den liberalen Grundsätzen eines modernen Haftvollzug“ verpflichtet weiß (vgl. sein epochaler Beschluss in Sachen literarische Tradition des KGB im Zusammenhang mit der Freigabe meines Briefes an den U-Gefangenen Viehmann), bitte ich den Antrag in solchen (Stern‑)Stunden zu entscheiden.

Einer weisen Entscheidung entgegenfiebernd.



An das Büro für Sicherheit und Chaos
Fritz Teufel aus dem Knast Moabit

Ultimatum – Wenn ich nicht ruckzuck das Radio kriege, das mir Herr Hausolf vom Mausbüro bereits am 24. Oktober versprochen hat, kann ich für nichts mehr garantieren. Wenn dann Herrn Hahn/Huhnfeld beim Passieren eines Gotteshauses ein Ziegelstein auf den Kopf fällt oder Rechtsanwalt Wieland aufm Schreibtisch von Frau Lawrenz chinesisch Volkstänze tanzt ... jene kleine Clique revisionistischer Radio-Aushändiger-Sabotöre ist hiermit gewarnt und braucht sich über nichts zu wundern.

Mit forzüglicher Lochachtung