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Schweine ins Weltall
Oktober 1981– Schlusswort von Klaus Viehmann, erschienen in der „radikal“ Nummer 98 und 99



Vorbemerkung der „radikal“ Nummer 98 (10/1981)

Im Februar diesen Jahres ging ein von der linken Öffentlichkeit wenig beachteter Prozess im Moabiter Bunker zu Ende. Angeklagt waren Klaus Viehmann (Entführung des Bonzen Palmers, Till Meyer Befreiung, Anlegen eines Waffenverstecks im Tegler Forst, Banküberfälle, Mitgliedschaft in der Bewegung 2. Juni), Gabriele Rollnik (Lorenz-Entführung, Drenkmann-Erschießung, Flucht aus dem FrauenGefängnis Lehrter-Straße, Palmers-Entführung, Till Meyer Befreiung, Banküberfälle, Mitgliedschaft 2. Juni), Angelika Goder (Palmers-Entführung, Till Meyer Befreiung, Banküberfälle, Mitgliedschaft 2. Juni), Gudrun Stürmer (Mitgliedschaft 2. Juni).

Gudrun wurden viereinhalb Jahre verpasst. Allein für die Mitgliedschaft. Alle anderen bekamen die für „Top-Terroristen“ mittlerweile obligatorischen 15 Jahre. Hochsicherheitstrakt, versteht sich. Bei der Urteilsverkündung war nur noch Klaus Viehmann anwesend, die anderen waren auf eigenen Wunsch ausgeschlossen worden, beziehungsweise durch den Hungerstreik verhandlungsunfähig.

Ebenso unbemerkt wie der gesamte Prozessverlauf, blieb bisher auch das Schlusswort von Klaus. Dieses bezieht sich nicht auf den Prozess und ist auch nicht an die Schweine im schwarzen Umhang gerichtet, sondern versucht auf Grundlage seiner Erfahrungen, mit Widerstandsbewegungen und Illegalität, sowie einer aktuellen Analyse der ökonomischen und politischen Krise des Kapitals die Notwendigkeit für die Entwicklung einer autonomen Gegenmacht aufzuzeigen.

Da sich der Text bruchlos in die seit längerer Zeit in der „radikal“ geführten Diskussion einreiht, beziehungsweise die Auseinandersetzung in der Bewegung über die Entwicklung eines strukturierten Widerstands vielleicht beschleunigen kann, finden wir ihn wichtig. Wir wollen den Text, trotz seiner Länge, in vollem Umfang abdrucken, weil er unseres Wissens nach bisher noch nicht veröffentlicht worden ist, können das aber aus Platzgründen nur in zwei Teilen.

Der erste Teil in dieser Nummer versucht die Notwendigkeit für die Auseinandersetzung mit der Illegalität aufzuzeigen und setzt sich danach folgerichtig mit dem Knastsystem auseinander. Der zweite Teil in der nächsten „radikal“ analysiert die gegenwärtige Krise des Kapitals und die daraus resultierende imperialistische Kriegsgefahr, beschreibt Methoden der sozialen Kontrolle im Computerstaat und kommt zum Schluss, dass ein erfolgreicher Kampf gegen dieses Schweinesystem nur mit einer Vielfalt von Methoden geführt werden kann – und, dass diese Vielfalt auch die organisierte Militanz beinhalten muss, wollen wir die Schweine endlich in Weltall jagen.




Schlusswort von Klaus Viehmann


Ich will mich hier weder als juristischer Kaffeesatzleser betätigen, noch will ich in die Mottenkiste vergangener glorreicher oder auch finsterer Tage greifen. Schließlich ist es unser Bestreben immer nach vorne zu gehen und nicht der Vergangenheit hinterher zuheulen.

Es steht ein Jahrzehnt vor der Tür, was sich gegen die relativ lahmen siebziger Jahre wie ein Schnellzug ausmachen wird. Und wenn wir, die Linke, in diesen Jahren etwas erreichen wollen, dann müssen die alten Sachen soweit sie heute noch von Bedeutung sind, endlich aufgearbeitet und produktiv für die Zukunft verwendet werden. Voraussetzung für jede Aufarbeitung ist Diskussion zwischen den Linken, ist ein Bewusstsein über die Notwendigkeit von Zusammenarbeit, wie sie in der BRD immer wichtiger wird.

Die grundsätzlichen Fragen sind dabei immer die Gleichen: Wo stehen wir jetzt? Was wollen wir erreichen? Wer ist unser Feind? Wie – und mit wem zusammen – kämpfen wir, um ans Ziel zu kommen?

Diese Fragen lassen sich nicht endgültig vom Schreibtisch aus beantworten und schon gar nicht von einem aus, der, ziemlich isoliert vom Alltag draußen, im Knast steht. Letztlich kann die Beantwortung ohnehin nur auf der Strasse stattfinden.

Wer aber diese Fragen ernsthaft stellt und sie beantworten will, muss sich über eines klar sein: wer anfängt zu Kämpfen für die soziale Revolution, der tut das um eines Tages zu siegen und nicht mit der Absicht irgendwann die Trümmer seiner Niederlagen zu beweinen. Sicherlich werden wir auf unserem Weg noch viele Verluste einstecken müssen, aber daraus kann man, muss man sogar, lernen, damit nicht alle alten Fehler ständig wiederholt werden. Die Zeiten sind ja auch nicht mehr so, dass einem der Feind viel Gelegenheit geben würde, Fehler neu zu machen. Während das Wissen um die Bekämpfung von Rebellion seit Jahrhunderten von den Herrschenden gespeichert und ausgewertet wird, müssen die Linken die Methoden immer wieder neu erlernen, gerade in der BRD, wo in den letzten hundert Jahren die Arbeiterbewegung brutal zerschlagen und eingebunden wurde. Selbst die APO der Endsechziger, die Jugendrevolte, sind in Gefahr viel zu wenig für die heutigen Bewegungen rüberzubringen an Erfahrungen und Wissen, wenn sie diese Vermittlung den professionellen Geschichtsfälschern und betulich gewordenen Altlinken überlassen.

Wenn die neuen Feuer unter den Sesseln der Herrschenden nicht nur ein Strohfeuer sein sollen, müssen wir sowohl aus dem Vergangenen lernen, als auch einen Blick in das Bevorstehende bekommen. Deshalb müssen alle versuchen über ihre unmittelbare Umgebung hinauszusehen, ob das nun die diversen „Spezialitätentätigkeiten“ wie Knastarbeit, Betriebsarbeit oder Ökologie oder gar der Rand der Müslischüssel sei. Die bewaffneten Linken sind bei dieser Aufforderung nicht ausgenommen. Alle müssen dahin kommen, sich selbst wieder als Teil des Ganzen zu sehen, der gesamten Linken und ihrer Bündnispartner und nicht das Ganze nur als Teile. Der alte Fehler nur in Ausschließlichkeiten und nicht in Verbindungen denken zu können, nur schwarz oder weiß, nie aber beides als Ergänzungen sehen zu können, hat schon zu lange zu politischen Verhältnissen geführt, die eher durch Spaltungen als durch tragbare Kompromisse geprägt sind.

Es wird für alle Teile der Linken in den nächsten Jahren härter werden angesichts der sich verschärfenden Probleme, die von der Instabilität globaler Herrschaft bis hin zur Rebellion in den Metropolen selbst reichen. Es werden auch nur graduelle Abstufungen in der Repression sein, denen die Linke ausgesetzt sein wird, denn sie soll klein gehalten werden, ehe sie sich der neuen Situation und der beginnenden Schwäche der Bonzen bewusst wird und sich mit all denen, die nicht mehr viel zu leben haben werden, verbündet; ob das der arbeitslose Jugendliche, der auf die Straße sanierte Rentner, der strahlenverseuchte Niedersachse oder der Türke von nebenan sein wird. Ohne die Verbindung von radikaler Linken und den aufkommenden sozialen Gruppen wird es keine Massenbewegung geben, die eine reale Erfolgschance hat.

Die radikale Linke für sich alleine deshalb nicht, weil sie wie die Guerilla vor dem Dilemma steht, entweder anzuwachsen oder bedeutungslos zu werden – die neuen Deklassierten für sich alleine aus dem Grunde nicht, weil sie die Erfahrungen der letzten Jahre, des direkten Kampfes gegen Unterdrückung brauchen, wollen sie nicht durch falsche Strategien und Taktiken entsetzliche Verluste hinnehmen.

Eine Frage, die bei den kommenden Kämpfen sicher eine Rolle spielen wird, ist die nach der Anwendung von Gewalt von unserer Seite aus – die andere Seite diskutiert ja nicht mal über Gewalt – Diskussion hat mich des öfteren an einen Schwerhörigendialog erinnert, zumindest in der Art, wie sie meistens geführt wurde. Die einen machen nämlich aus ihrer Gewaltfreiheit eine Ideologie und unterstellen ihren Kontrahenten, sie würden aus Gewaltanwendung auch eine machen. Das ist natürlich Blödsinn.

Für jeden Revolutionär ist klar, dass er Gewalt nur dann anwendet, wenn sie notwendig ist, klar gegen den Feind gerichtet und einem selbst bessere Positionen im Kampf verschafft. Wir sehen in der Gewalt eine Methode unter vielen im Kampf von Unterdrückten gegen Herrschende und als solche ist sie auch legitim. Der Gegensatz zur Gewalt um ihrer selbst willen sollte spätestens noch mal beim faschistischen Attentat vom Münchener Oktoberfest klar geworden sein; diese Art von Gewalt richtet sich immer gegen das Volk. München war sicher nicht der letzte Anschlag dieser Art, schließlich ist die BRD ein Land, in dem die Neofaschisten ungestört aufrüsten können, während jeder Linke schon mit ’nem Katapult den „Untergang des christlichen Abendlandes“ einläutet, glaubt man der Presse oder Justiz.

Einige Leute – ich weiß nicht, ob es echte Pazifisten sind, oder nur die Art von Gewaltfreien, die uns unserer Waffen berauben wollen, um uns zu schwächen und zu spalten – sperren sich sogar mit dem Argument gegen Geldsammlungen für Waffen, für die Befreiungsbewegung in El Salvador, dass mit diesem Geld Gewalt unterstützt würde und dies neue Gewalt hervorrufen würde. Da steckt ein gewisser Zynismus drin, denn jeder, der hier Steuern zahlt, oder auch nur eine Tasse Kaffee trinkt – der ja aus El Salvador importiert wird – unterstützt damit den Krieg der Junta gegen das El Salvadorianische Volk. Es ist beklemmend, das Widerstand gegen Gewalt gerade dann laut wird, wenn es darum geht ein Volk zu bewaffnen gegen seine Mörder und nicht schon dann, wenn diese Mörder das unbewaffnete Volk abschlachten. Wenn es noch nicht Gewalt gegeben hätte, nicht alle historischen Verhältnisse auch Gewaltverhältnisse gewesen wären, ja dann wären die Linken sicher nicht die, die mit der Gewalt beginnen würden.

Ein etwas banaleres Beispiel als der Befreiungskrieg in El Salvador: wer hält schon zweimal seinen Kopf hin bei einer Straßenschlacht, wenn einem schon der erste Knüppelschlag eine Gehirnerschütterung verpasst? Müsste man doch bescheuert sein. Und wem nützt es denn, wenn wir prinzipiell auf militante Gegenwehr – die immer als „brutale Gewalt“ bezeichnet werden wird von denen, die sie selber staatlich ausüben – verzichten? Uns bestimmt nicht. Wenn man mal einen oder mehrere Staatsdiener auf der Flucht sieht, zum Beispiel bei einer Demo, dann gibt das eben auch Mut und ein Gefühl von dem, was man erreichen kann.

Wer aus der Gewaltfreiheit eine Lebenseinstellung macht, der wird sich bei den härter werdenden Auseinandersetzungen der kommenden Jahre des Öfteren verprügeln lassen müssen und eines Tages wird er gar nicht mehr auf die Straße gehen. Immer nur einzustecken ohne auch mal auszuteilen das verschafft furcht und Resignation, das verstärkt nur den Mythos der staatlichen Allmacht. Wir benutzen die Gewalt, um die Gewalt eines Tages abzuschaffen, nicht mehr und nicht weniger.

Schließlich wäre es auch grotesk, unsere Kampfformen von demselben Staat diktieren zulassen, den wir bekämpfen und besiegen wollen. Der erlaubt uns freiwillig nur genau soviel, wie für ihn nicht gefährlich ist. Die Methoden unseres Kampfes müssen wir moralisch wie politisch selber festlegen, niemand anders.

Die Frage nach der Gewalt war auch immer eine, die die Diskussion in der Linken über – leider zu selten mit – der Stadtguerilla bestimmt hat. Ein weiteres Manko bei dieser Diskussion war die mangelnde Differenzierung von Gewaltformen, die ja von Sabotage am Fliessband bis hin zu Bombenanschlägen und Entführungen reichen können. Selbst wenn man sich im Prinzip einig war, Gewalt als mitunter notwendig zu akzeptieren, kam doch des Öfteren der Vorwurf gegen die Stadtguerilla, „Killer“ oder „Abenteurer“ zu sein.

Am vehementesten wurden diese Vorwürfe gemacht von denen, die sich durch die Existenz des bewaffneten Kampfes in ihrer Lebensart bedroht sahen. Sei es direkt, dass sie ihren etwas etablierten und auf Anpassung ausgerichteten Status gefährdet sahen, oder weil sie es für opportun hielten, sich lieber in die lange Schlange der Distanzierer und Besserwisser einzureihen, die ihr heil längst nicht mehr in der Konfrontation mit diesem Staat, sondern in einem Überleben in den Nischen des Systems suchen. Das geht so weit, dass viele ihren Frieden mit der Herrschaft damit rechtfertigen wollen, dass es ja eigentlich nicht der Staat und seine Träger gewesen wären, die die Gewalt und innere Aufrüstung gewollt hätten, sondern dass die „Kinderfressenden Terroristen“ sie dazu gezwungen hätten.

So viel zu dieser fragwürdigen Argumentation: mobile Einsatzkommandos, Notstandsgesetze, Bundeswehrübungen gegen streikende Arbeiter und Fahndungscomputer gab es schon, als in der BRD und Westberlin von Stadtguerilla noch nix zu sehen war.

Auch der Vorwurf an die Adresse des bewaffneten Kampfes, dass er dem Staat die Legitimation für szene-repressiven Maßnahmen geliefert hätte, trifft daneben. Erstens wäre es reichlich naiv anzunehmen, dass ein Staat sich nicht wehren würde, wenn er angegriffen wird und seine Bonzen ihren Profit und ihre Macht bedroht sehen; zweitens haben die noch immer was gefunden, um ihre jeweiligen Sauereien zu verkaufen. Früher waren es die Juden, heute sind es die Asylanten, die radikalen Ausländer und „Chaoten“. Die Kommunisten waren es eh schon immer, Grad in diesem Land, wo die führende Elite ihre politische Sozialisation in der nazistischen Ära des „Antibolschewismus“ erfahren hat.

Wer sich nur noch per Distanzierung politisch äußern kann, der versperrt auch die Möglichkeit einer Kritik und Selbstkritik der Stadtguerilla. Dabei wäre gerade die jetzt enorm wichtig, um die intensiven Erfahrungen, die gerade sie in den letzten zwölf Jahren mit der Staatsmacht gemacht hat, für die kommenden sozialen Bewegungen hier nutzbar zu machen. Es bringt nicht weiter, wenn aus Angst heraus immer nur die sicherlich gemachten Fehler thematisiert werden und darüber die Absichten und die mögliche Effektivität der Methode Stadtguerilla verdrängt werden. Verdrängt werden das ist ein wichtiger Punkt, denn vielfach wird nicht kühl und sachlich abgewogen, sondern es wird über etwas geschwätzt, was es nicht gibt, höchstens in der Vorstellungswelt einzelner existiert. Revolutionäre Zellen haben das mal treffend den ‚Mythos vom bewaffneten Kampf‘ genannt.

Weder das Abziehbild vom irren, wild um sich schießenden Abenteurer, noch das vom glorreichen ‚Fighter‘ als dem ‚neuen Menschen‘, entsprechen der Wirklichkeit. Klar, wenn jemand meint, dass dieses Land das Freiheitlichste der Erde ist, dann muss ihm jeder, der dagegen kämpft, als Irrer erscheinen; und dem, dem das System als vollkommen unbesiegbar und unangreifbar erscheint, müssen alle die, die dennoch dagegen kämpfen als pure Helden erscheinen. In Wirklichkeit sind es immer Menschen, mit all ihren Stärken und Schwächen, die da kämpfen. Es ist schlimm, wenn sie durch den einen oder anderen Mythos ihrer Menschlichkeit beraubt werden. Zumal dadurch Widerstand wieder einmal als etwas kaum Machbares, Fremdes erscheinen soll. Auf jeden Fall als nichts, was es nach oder mitzumachen gelte.

Über die Machbarkeit von Widerstand hat ein ETA-Kommando in seinem Bericht über die halbe Himmelfahrt von Francos Stellvertreter Carrero Blanco folgendes geschrieben: „Es ist nicht nötig Bergbauingenieur zu sein, um einen Tunnel unter der Strasse zu graben. Man muss kein Sprengstoffspezialist sein, um das Pflaster in die Luft zu jagen, ebenso wenig ist es notwendig Spezialist für Optik zu sein, um ein Auto so hinzustellen, dass man eine Stelle markiert und jemanden hinzustellen, der ein Zeichen gibt. Anders gesagt, man muss die Mythen vernichten. Niemand ist ein Gott und keiner braucht das zu sein: das ist das Werk ganz normaler Leute ...“ und was die ETA über eine relativ komplizierte Aktion sagt, das gilt übertragen für alle Bereiche des Widerstandes: jede und jeder kann alles lernen.

‚Legal – illegal – scheißegal!‘ ist eine Parole, wie sie in letzter Zeit an Häuserwänden auftaucht, soweit ich da den Bildern der Außenwelt trauen kann. Wenn es sich auf die Art von Aktionen bezieht, ist das richtig, drückt sie doch nur aus, dass wir unser Handeln nicht durch die Herrschenden bestimmen lassen. Nicht ganz so egal ist es allerdings mit dem Illegalsein, also verdeckt oder per Konterfei an der Litfasssäule von den Bullen gesucht zu werden.

Illegalität bringt natürlich ein paar Änderungen des Lebensstils mit sich, was aber nicht bedeutet, dass das permanente Flucht und gehetzt sein heißt; so was erzählen die Bullen bloß, um sich nicht zu blamieren mit ihrem gigantischen Fahndungsapparat. Solche Probleme sind lösbar in der Praxis. Wirklich problematisch wird es für eine Organisation und deren Mitglieder in der Illegalität erst dann, wenn aus der aus rein technischen Gründen notwendigen Abschottung der Logistik gegenüber der Umwelt eine revolutionäre Tugend gemacht wird. Wenn die Illegalisierung der Genossinnen und Genossen zum Organisationsprinzip erhoben wird und alles andere als relativ unwichtig und ‚nicht richtig revolutionär‘ angesehen wird. Dabei ist Illegalität als organisatorisches Prinzip ziemlich zeitraubend – ein legaler Genosse braucht zumeist weniger Probleme lösen, ehe er Aktionen, auch illegale, machen kann, als ein Illegaler, der vorher erstmal seine unmittelbaren Lebensbedürfnisse und seine Sicherheit regeln muss.

Die politische Gefahr der Illegalität liegt darin, dass ein Entfremdungsprozess zur restlichen Linken, zum Alltag überhaupt, eintreten kann. In solchen Entfremdungsprozessen liegen auch die Wurzeln von Aktionen, die sich nur noch um Probleme der Guerilla, weniger aber um Mobilisierung und Agitation gekümmert haben. Zu vermeiden ist so etwas nur, wenn zwischen den Illegalen, der Stadtguerilla und der legalen Linken eine permanente Auseinandersetzung geführt wird. Dass das leicht ist, behauptet niemand und seit dem Agiturteil arbeitet die Schere im Kopf der linken Medienmacher sehr gründlich. Es gibt auch keine Patentlösung für die Art der Durchführung von Diskussionen und es wäre erst recht keine, wenn sie öffentlich ausposaunt würde.

Diesen Knackpunkt, die Kommunikation zwischen Stadtguerilla und legalen Linken, haben auch die Bullen erkannt und es ist ihr wesentliches Interesse, diese Diskussion zu unterbinden. Die Bullen wissen vielleicht besser als viele Linke, was diesem Staat bevorstehen würde, wenn sich das Wissen und die operationellen Möglichkeiten der Stadtguerilla als Bestandteil der Linken mit den sozialen Massenkämpfen der achtziger Jahre verbinden würden. Deshalb und nicht aus lauter Spaß hat sich schließlich ein Polizeiminister mit einem ehemaligen Staatsfeind wie Mahler an einen Tisch gesetzt. Die beiden wissen vermutlich sehr genau, dass hier eine riesige Zeitbombe tickt, die sie bald entschärfen müssen, ehe sie ihnen unter’m Arsch hoch geht.

Ihre so genannten ‚Dialoge‘, das Gewäsch von einer ‚weichen Welle‘, sollen nur dazu dienen Leute aus der Linken abzuspalten und ähnlich wie schon weite Teile der alten APO zu integrieren. Und all die anderen, die sich nicht mit Brosamen vom Tisch der Herrschenden abspeisen lassen wollen, denen die Sprüche von oben zu hohl sind, werden immer mehr kriminalisiert werden. Zuckerbrot und Peitsche – Teile und Herrsche; die uralte Strategie der Unterdrückung heute neu und werbewirksam verpackt.

Zu denen, die jetzt verstärkt kriminalisiert und eingemacht werden sollen durch Gesetze und Bullenmanöver, gehören auch die massenmilitanten autonomen Gruppen der AKW-Gegner. Kalkar 1977, wo binnen weniger Stunden zehntausende Demonstranten kontrolliert und gefilzt wurden, noch ehe sie den Bauzaun des schnellen Brüters auch nur von weitem gesehen hätten, hat bitter klargemacht, dass Massenmilitanz gegen einen vorbereiteten, besser ausgerüsteten Gegner keine große Chance hat. So gut man sich gegen Wasserwerfer und Tränengas noch mit eigenen Mitteln zur Wehr setzen kann, vorausgesetzt die Bullen nehmen nicht schon vorher alles ab es wäre Wahnsinn, in einer eskalierten Situation gegen Maschinengewehre und Handgranaten offen anzurennen. Es war zwar in Frankreich, wo bereits Handgranaten gegen AKW-Gegner eingesetzt wurden – Vital Michalon starb am 13. Juli 1977 in Malville – aber dass auch in der BRD nicht von der Anwendung von Todesschutzgesetzen zurückgeschreckt werden würde, zeigen die Äußerungen von Albrecht, der bei der Grohnde-Demo kurz davor stand, den Schiessbefehl zu geben.

Kriminalisierung schafft zwei Alternativen: entweder weniger zu machen und sich aus politischen Kämpfen zurückziehen, oder sich auf die Möglichkeit der Illegalität vorzubereiten. Wem diese Alternative heute zu überspitzt erscheint, der läuft in die Gefahr leichtsinnig bis auf den Tag zu warten, wo es den Regierenden mal beliebt, ihre Schubladenpläne zur Ausschaltung der linken Opposition hervorzuholen. Und zu glauben dass es solche Pläne nicht gäbe, wäre ein Zeichen für mangelnden Geschichtsbewusstsein und Vorstellungskraft. Ohne jede illegale, subversive Struktur zu arbeiten bedeutet zudem, dass man schon heute kontrollierbar ist durch den Überwachungsinstrumente und bezahlten Schnüffler des Staates.

Aktuelles Beispiel für die Kriminalisierung von Militanten sind die eingeknasteten Kreuzberger Häuserkämpfer. So lange es nur um relativ wenig Knast geht, kann man sich überlegen den abzusitzen, auch wenn wir es prinzipiell nicht den Bullen überlassen sollten, wer im Knast sitzt und wer nicht. Denn sonst wären nur immer unsere Leute drin und die, die es vielmehr verdienen, niemals. Das Beispiel der Kreuzberger zeigt auch, dass es wichtig ist, sich mit der Möglichkeit der Illegalität auch mit der des Knastes zu beschäftigen. Und das am besten in Form einer breiten Auseinandersetzung mit dem Knastsystem. Das geht auch die an, die nicht direkt betroffen sein könnten, die aber gegen die Einknastung der Gesellschaft und gegen totale Kontrolle kämpfen wollen.

Der Widerstand der Gefangenen und der Linken draußen gegen diese augenfälligste, betongewordene Art der Staatsgewalt hat in der BRD keine so lange Geschichte wie zum Beispiel in Frankreich oder in Spanien. Aber in den letzten Jahren ist das Bewusstsein über den Knast erheblich größer geworden.

Eine ziemliche Rolle in der aktuellen Diskussion spielen die Sondergefängnisse. Den Moabiter Hochsicherheitstrakt kenne ich aus eigener Anschauung.

Hochsicherheitstrakt
  • das heißt fast alle Lebensäußerungen stoßen an Betonmauern, Videokameras, Mikrophone, Neonröhren und Panzerglasfenster;
  • das heißt jahrelange Isolation von kleinen und kleinsten Gruppen bei minimalen Abwechslungsmöglichkeiten;
  • das heißt physische und psychische Schädigungen bei den Gefangenen;
  • das heißt Modell für neugebaute und geplante Knäste, wie zum Beispiel der neue Frauenknast in Plötzensee nach dem Vorbild des Moabiter Traktes errichtet wird;
  • das heißt Spitze einer ausgetüftelten Pyramide von belohnen und strafen, Spitze der technokratischen Gefängnisreform;
  • das heißt Widerstandsbekämpfung, Versuch der Ausschaltung von Opposition und nicht systemkonformen Verhalten;
  • das heißt zwar leicht variierte Konzepte, je nach dem mehr oder weniger hochsicher, aber immer unmenschlich.
Hochsicherheitstrakt heißt aber auch Widerstand dagegen. Das beweisen die Hungerstreiks, die Schlägereien mit den Wärtern und das belegen auch nicht zuletzt die relativ breiten Kampagnen und die Aktionen gegen die Trakte im letzten Jahr und zuvor.

Mit der Errichtung der Hochsicherheitstrakte ist diesem Staat die liberale Maske ein wenig weiter runtergerutscht und gibt ein neues Stück Faschismus frei. Genau das, das drohend Faschistische, soll die wesentliche Funktion erfüllen abzuschrecken und Angst zu erzeugen. Jedem soll vor Augen geführt werden, was ihm blühen kann, wenn er sich mit diesem Staat anlegt. (nebenbei ist es bemerkenswert, dass die herkömmlichen Knäste diese Abschreckungsfunktion anscheinend nicht mehr hinlänglich erfüllen gegen die heutige Opposition.)

Hochsicherheitstrakt für alle die, die konsequent gegen alle Arten von Ausbeutung und Unterdrückung Widerstand leisten und damit auch im Knast nicht aufhören, mit dem Etikett „gefährlich“ oder „Vollzugsstörer“ beklebt werden.

Therapievollzug für die, die von ihrem abweichenden Verhalten wieder an die soziale Art des Fließbandarbeiters „resozialisiert“ werden sollen – offener Vollzug für diejenigen, die zwar bestraft werden sollen, aber tagsüber wenigstens nicht dem kapitalistischen Allgemeinwohl als billige Arbeitskraft verloren gehen sollen.

Heute gibt es noch viele Mischformen oder auch den schlichten Verwahrvollzug, in dem die Gefangenen weitgehend sich selbst überlassen werden. Je nach finanzieller Situation der Länder und je nach Stand der sozialen Auseinandersetzungen wird das aber aussterben und völlig durch Gefängnisse neuer Konzeption ersetzt werden. Parallel zur Automatisierung in der Produktion die elektronische Ausstattung der neuen Knäste; vom Arbeits- und Zuchthaus von gestern zur totalen Überwachung a la Orwell’s „1984“, so soll die Entwicklung nach dem Willen der Knastbaukommandanten laufen, wenn wir diese Schreibtischtäter nicht daran hindern.

Es ist wahnsinnig schwer, unter allen Gefangenen im Knast eine Einheit herzustellen. Schließlich sitzen Fixer, Ausländer, Safeknacker, säumige Alimentezahler, Zuhälter, Dealer und andere Menschen mit den von Staatswegen aufgeklebten Etikettierungen. Innerhalb der linken Gefangenen gibt es verschiedene Vorstellungen, wie der Knastkampf zu führen sei und was für Bedingungen erreicht werden sollten. Genau so wenig wie draußen herrscht zwischen den Gefangenen eitel Friede, Freude, Sonnenschein, auch insofern wird der große Knast im Kleinen gespielt. Allen gemeinsam bleibt aber das Ziel, raus aus’m Knast und weg mit allen Internierungsanstalten. Wenn man das im Auge behält, ist dieses Ziel eine Klammer für die Diskussion über davor liegende Aufgaben. Wie draußen entwickelt sich auch im Knast der Widerstand in Eruptionen, die nie genau vorauszuberechnen sind. Aber mit jeder neuen Welle wächst das Bewusstsein darüber, dass der Feind nie neben einem steht, sondern immer gegenüber.

Für den Knastkampf, die Solidarität mit den Gefangenen, hat die Unterscheidung zwischen der Forderung nach Zusammenlegung von Gefangenen aus der Guerilla und der Forderung nach Integration in den Normalvollzug für alle, seit Jahren eine ziemliche Bedeutung und wird sie vermutlich auch noch einige Zeit behalten. Jedenfalls agieren die Vertreter der einen oder der anderen Linie ziemlich getrennt voneinander.

Der letzte große HS hatte dann auch nur die Gemeinsamkeit, dass Gefangene gegen die Haftbedingungen gekämpft haben. Anfangs waren es bundesweit über 200 Gefangene, die mit unterschiedlichen Forderungen angetreten sind. Die reichten von einzelnen konkreten Forderungen nach Verbesserungen in regionalen Knästen über die Abschaffung der Trakte und Sondergefängnisse bis hin zur Forderung der Gefangenen aus der RAF nach Zusammenlegung. Im Bewusstsein der Öffentlichkeit ist nach dem Abbruch des Hungerstreiks und nach dem Sigurd Debus zu Tode zwangsernährt worden ist, fast nur diese Forderung kleben geblieben. Es war sogar in linken Zeitungen zu lesen, dass die anderen Hungerstreikenden nur reine Solidaritätsaktionen für den Kampf um Zusammenlegung gewesen wären.

Die Öffentlichkeit, einschließlich der Linken leider, funktioniert immer noch nach dem zynischen Prinzip der Sensationen – ehe nicht Lebensgefahr besteht, ehe es nicht Tote gibt, passiert viel zu wenig. Erst dann öffnen sich die Zeitungsspalten für eine Diskussion und dann noch für eine leider sehr miese.

Die Einen behaupten jetzt, nachdem er zu Ende ist, dass sie ihre Solidarität mit dem Kampf der Gefangenen nur deshalb hätten nicht ausüben können, weil sie die Forderung nach Zusammenlegung oder die RAF nicht hätten unterstützen wollen. Eine ziemlich verlogene Position, denn diese Leute sind die gleichen, die sich auch mit anderen Forderungen von Gefangenen noch nie solidarisiert haben, es sei denn mit dem Mundwerk. Ihre Argumentation dient nur ihrem schlechten Gewissen als sanftes Ruhekissen. Für eine andere Gruppe wiederum ist die Diskussion über die richtige Linie im Knastkampf völlig tabuisiert. Weil die nur moralisch an die Frage herangehen und sagen, dass wenn ein Genosse für diese Forderungen stirbt, dann können das nur richtige Forderungen sein.

Dabei muss gerade jetzt die Diskussion über den Knastkampf endlich mal auf nen Punkt kommen, sie muss geführt werden und zwar politisch und nicht moralisch. In der Hoffung auf eine ausführliche Diskussion werde ich eine Position auch hier nur kurz anreißen. Gegen die Forderung nach Zusammenlegung sprechen im Wesentlichen folgende Sachen:

Zusammenlegung der Gefangenen aus der Guerilla beinhaltet in irgendeiner Form die Einlassung auf Hochsicherheitstrakte und es ist ein Irrtum zu glauben, die Trakte seien von innen zu knacken. Eine Forderung nach Zusammenlegung in Gruppen, selbst wenn es sogar Fünfzehnergruppen wären und nicht die erheblich wahrscheinlicheren Kleingruppen wie sie in der nächsten Zeit bestehen werden, kommt grundsätzlich dem Abteilungsgefängnis entgegen, wie es von den Knastkommandanten in der BRD eingeführt wird. Kleine Gruppen unter hohem Sicherheitsaufwand, beziehungsweise unter permanenter Beobachtung sind das Credo dieser Gefängnisreform, selbst Jugendknäste werden schon so gebaut als Reaktion der Bonzen auf die unkontrollierte Subkultur in Knästen alten Stils, wo praktisch alle Gefangenen noch irgendwie zusammenkommen konnten.

Der wichtigste Einwand gegen die Zusammenlegung von Gefangenen aus der Guerilla in Sonderknästen oder Sicherheitsbereichen ist langfristig ein politischer. Durch die Abschottung der Gruppe verliert man jeden Kontakt zu den bereits entstehenden und immer weiter anwachsenden sozialrevolutionären und oppositionellen Bewegungen im und um den Knast.

Die Brigate Rosse haben mit der Entführung des Richters D’Urso aus der schon weiter eskalierten Situation in Italien die Konsequenz gezogen. Ihre Strategie zielt auf eine Einheit aller Gefangenen, die kämpfen wollen, ab.

Gleichzeitig auf die Zerstörung der Hochsicherheitsgefängnisse und letztlich des Knastes überhaupt. Das beruht auf der richtigen Einschätzung, das der Knast immer wichtiger werden wird in der kommenden Zeit der Auseinandersetzungen. Knast war und ist die letzte Weisheit der Herrschenden gegen Rebellion und offenen Widerstand und deshalb ist es auch strategisch – nicht nur moralisch, wie manche Caritas-Fans glauben – Sache, gemeinsam die Trakte und letztlich den Knast zu zerschlagen.

In der BRD und Westberlin ist die Situation zwar noch nicht so wie in Italien entwickelt, aber vergleichbar immerhin. Die Strategie der Brigate Rosse können beim Knastkampf ein Modell für das Vorgehen hier sein.

Aber auch wer die Forderung nach Zusammenlegung draußen nicht teilt, kann seine Solidarität nicht von Vorleistungen abhängig machen. Schließlich sind es immer Bullen, die die Menschen einknasten und die Gefangenen sind nicht die, die die Bedingungen im Knast diktieren.

Zu der Forderung nach ‚Integration in den Normalvollzug‘ ist einiges klarzustellen, weil sie so ungenau bezeichnet ist. Die Strategie im Knastkampf, die so umschrieben wird, geht von der Notwendigkeit einer politischen Einheit hinter den Mauern aus, einer durchzusetzenden Gleichstellung aller Gefangenen gegen das geplante Abteilungs- und Abschottungsgefängnis. Diese Strategie entspricht der von draußen: Mobilisierung und Kampf an der Basis, mit den Betroffenen und für sie, soweit möglich. Eine Strategie, die von vorneherein potenzielle Genossen ausschließt, taugt nicht viel über lange Sicht. Integration in den Normalvollzug ist eine missverständliche Forderung, denn wie gesagt gibt es weniger denn je einen ‚normalen‘ Vollzug, falls es den je gegeben hat. Knast ist nicht gleich Knast. Das Gefängnis ist in zig Bereiche aufgeteilt und soll noch weiter abgetrennt werden. Je nach Delikt, je nach Anpassungs- oder Widerstandsbereitschaft der Gefangenen und nicht zuletzt nach Frauen und Männern. Es wäre falsch zu glauben, dass, wenn man in einen ‚normaleren‘ Vollzug integriert wäre, dass dann das Ziel erreicht wäre. Das würde höchstens eine Ausgangsposition im Kampf um die Einheit aller Internierten verbessern, mehr nicht.

Einheit ist gerade gegen die permanenten Spaltungsabsichten der Knastkommandanten dringend nötig. Ohne kollektive Organisation möglichst vieler Gefangener wird es nie dazu kommen, dass wir die Verhältnisse im Knast zum Tanzen bringen. Die Gefangenen lassen sich heute schon nicht mehr so einfach stillhalten, wir haben gelernt, dass Rebellion nur einen gewissen Anstoß braucht, um immer wieder und immer stärker zu entflammen. Kollektivität, die Einheit der Gefangenen ist absolut vorrangige Sache und darauf müssen auch die Kampfformen und die Forderungen ausgerichtet werden.

Der Kampf im Knast ist mit denen draußen verflochten. Es ist ja kein Zufall, dass es immer auch dann im Knast rumort; wenn anderswo gezeigt wird, dass Widerstand machbar ist. Die Knastarbeit draußen muss auf eine neue Ebene gehoben werden, indem linke Gruppen generell Knastarbeit als integralen Bestandteil ihrer politischen Praxis begreifen. Die Forderung nach Amnestie oder ‚eins, zwei, drei – lasst die Leute frei!‘ reicht nicht aus, hat auch keine praktischen Auswirkung in dem Maße wie sie notwendig wäre. Linke Gruppen müssen auch dafür sorgen, dass ehemalige Gefangene draußen Strukturen vorfinden, die weiter zum Kampf gegen das befähigen, von dem man im Knast nur eine Spielart erfahren hat.

Auf diese Art sind die Kämpfe vor und hinter den Mauern auch zu verbinden, um zu verhindern, dass es jemals zu einer Stille in den Zellen auch noch die Stille auf den Straßen kommen kann. Denn damit würde auch ein Stück Hoffnung sterben und Hoffnung ist nicht umsonst nach einer alten Knackiweisheit die Schwester eines jeden Gefangenen. Die Kritik an den Trakten, am Knast, muss mit der Kritik an der Einknastung der Städte verbunden werden. Nicht zufällig schließlich spiegelt sich der Unterschied zwischen den alten Mietskasernen von Kreuzberg und dem Beton des Märkischen Viertels auch zwischen den hundert Jahre alten Löchern von Moabit und den viel zitierten ‚städtebaulichen Aspekten‘ des Traktes hier wieder. Wie im Trakt hängen inzwischen auch an Straßenkreuzungen und öffentlichen Gebäuden die Videokameras der Bullen; Kommunikation, wie sie im Moabiter Altbauknast trotz der Einzelhaft noch relativ unkontrolliert und zufällig stattfinden kann, entspricht praktisch dem Schwatz im Treppenhaus oder der Eckkneipe im Kiez, wo noch jeder jeden kennt. Im Trakt sind Gruppen so abgeschottet wie Mietsparteien in den Hochhäusern, keiner kriegt mehr mit, wer neben ihm haust.

Manche Genossen glauben, dass Kampagnen gegen die Hochsicherheitstrakte nur einer speziellen Gruppe von Gefangenen nützen würde. Das stimmt nicht, denn erstens ist die Belegung der Trakte inzwischen sehr uneinheitlich, in der Mehrheit zwar nach wie vor Gefangene aus der Stadtguerilla, aber wie in Hamburg inzwischen auch Ausbrecher oder wie im Celler Trakt oder Stammheim sogar Neonazis.

Zweitens sind sich alle Gefangenen, egal wo sie jetzt sitzen, darüber im Klaren, dass die Trakte auch sie bedrohen, wenn sie anfangen zu kämpfen. Deshalb sind Kampagnen gegen die Trakte Kampagnen gegen den Knast von morgen, gegen neue Modelle bürgerlichen Herrschaft überhaupt und auf dieser Ebene sollten sie auch geführt und verstanden werden. Zum Knastkampf gehört noch ein wesentlicher Punkt: das Verhältnis der Stadtguerilla zum Knast, zu den Gefangenen. Es hat in den letzten elf Jahren viele Versuche gegeben, Leute aus dem Knast zu holen. Lorenz und die Flitze aus der Lehrterstraße, waren die Paradebeispiele für solche gelungenen Aktionen, Schleyer und Mogadischu Beispiele für ein totales Scheitern solcher Befreiungsaktionen.

Befreiung von Gefangenen war immer ein Sinnbild für Befreiung überhaupt, ein entkommener Gefangener ist immer eine Bresche in der Allmacht der Herrschenden, immer ein Schlag gegen die Verfügungsgewalt des Staates über Menschen. Jeder Ausbruch aus dem Knast ist gerechtfertigt, daran gibt es nichts zu deuteln.

Ein anderes Problem ist es aber, wenn sich der Kampf um Befreiung auf die Befreiung der Gefangenen reduziert, wenn das zur Strategie der Stadtguerilla verklärt wird. Der Knast ist ein Kampfgebiet, aber eben nicht das einzige und das muss auch in der Praxis klar bleiben.

Spätestens nach 1977 war klar, dass Gefangenenbefreiung als politische Strategie nicht mehr anstand, dass die Ausrichtung der Logistik und der Aktion auf das Rausholen von Genossen nicht mehr der Notwendigkeit einer revolutionären Politik in der damaligen Phase entsprach. In einer Phase, in der Stadtguerilla nach dem ‚deutschen Herbst‘ neu hätte definiert werden müssen, in der neue Strategien entwickelt hätten werden müssen, um verlorenes Terrain und Vertrauen in der Linken Zurückzugewinnen, hatte die Befreiung vom Till aus Moabit schon damals keine strategische Bedeutung. Es wäre damals politisch sinnvoller und materiell erheblich weniger verlustreich gewesen, wenn man sich in Hinsicht auf den Knastkampf mehr auf eine Kampagne und Aktionen gegen die kommenden Spezialgefängnisse eingerichtet hätte, als noch einmal eine Befreiungsaktion zu versuchen.

Was schon damals für die Stadtguerilla angestanden hätte und was für die Knastkämpfe gilt, gilt auch für die Linke allgemein: unser Ziel muss es immer sein, aus der relativen Isoliertheit raus zu kommen, hin zu einer Massenbasis. Der Mangel an breiterer Basis war es auch, der bei der Stadtguerilla aus jeder kleinen Niederlage und jedem Fehler gleich wieder einen Verlust der politischen Handlungsfähigkeit machte.



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Vorbemerkung der „radikal“ Nummer 99 (11/12/1981)

In der letzten „radikal“ haben wir mit dem Abdruck des Schlussworts von Klaus Viehmann begonnen, weil wir den Text für eine gute Diskussionsgrundlage innerhalb der (so genannten) „autonomen Szene“ halten. Der erste Teil hat sich mit der Illegalität und dem Knastsystem auseinandergesetzt. Der nun folgende zweite und letzte Teil, angereichert mit einer aktuellen Nachbemerkung, analysiert die Krise des Systems und die daraus resultierende Kriegsgefahr, geht auf die von uns zu unrecht vernachlässigten sozialen Kontrollmechanismen im Modell Deutschland ein und kommt zu der keinesfalls neuen, aber trotzdem sehr bemerkenswerten Schlussfolgerung:



Schlusswort Teil 2 von Klaus Viehmann

Alle Gruppen und Bewegungen der letzten Jahre, die es nicht gewollt oder nicht geschafft haben, sich zu verbreitern, sind letztlich gescheitert oder bedeutungslos geblieben. Manche haben gigantische Pläne für die halbe Weltrevolution entwickelt ohne überhaupt einen Fuß auf dem Boden zu haben, umgekehrt gab es Gruppen, die ihre Ziele und Ideale aus den Augen verloren und nur noch in Tagesaufgaben herumstocherten ohne jeden strategischen Plan.

Vielen sich kommunistisch nennenden Sekten war schließlich gemeinsam, dass sie ihre zahlenmäßige Schwäche durch besonders viel Avantgardedünkel, ihren Mangel an praktischer Taktik durch zu viel abgehobene Strategie und ihre zu geringe Verbundenheit mit den Kämpfen an der Basis durch triumphalistische Programme auszugleichen versuchten.

Die andere Seite der Medaille, der einseitige Reformismus und Parlamentarismus, vergisst dann wieder über die erhoffte friedliche und legale Umgestaltung des Staates den militärischen und illegalen Aspekt einer jeden revolutionären Änderung. Vergisst zudem noch die Erfahrungen, die viele alte APO-Genossen machen mussten, als sie auf dem langen Marsch durch die Institutionen gefressen und total frustriert oder auch als überzeugte Sozialdemokraten wieder ausgeschissen wurden. Institutionen sind immer überlegen, so lange man ihnen einzeln gegenübertritt, das sollte man nie vergessen.

Vor beiden Übeln, dem Sektenunwesen und dem puren Reformismus hilft nur, dass man die Augen offen hält für die Wirklichkeit des kapitalistischen Alltags, dass man nie den Kontakt zur Basis verliert und sich vor allen Dingen nicht von den Staatsdienern einlullen lässt. Die Wirklichkeit ist so radikal, dass man nur genauso radikal sein kann.

Nur ist diese Wirklichkeit in den Köpfen der Menschen total verschüttet, was nach jahrelangem Propagandageriesel und nicht zuletzt nach zwölf Jahren Faschismus und drei Jahrzehnten Antikommunismus auch kein Wunder ist. Zugeklebt von Presse, Valium, Zahnpastareklame und Tagesschau sollen den Menschen Informationen über das Land, in dem sie leben, vorenthalten werden. Staatliche Desinformation ist Voraussetzung für das Funktionieren von Massenloyalität, Voraussetzung für den un-sozialen Frieden und die a-soziale Marktwirtschaft des Kapitals.

Linke Politik machen, heißt gegen die Massenloyalität zu kämpfen, und das falsche Bewusstsein in den Köpfen der Menschen zerstören, wonach ‚alle in einem Boot‘ sitzen würden. Oder, wie die aktuelle Variante lautet, ‚alle in einem Öltanker‘ sitzen würden. Das Bild einer Galeere, auf der viele rudern müssen und einige wenige steuern, würde erheblich besser auf die Wirklichkeit zutreffen. Und wie immer zu Zeiten, in denen dieses Schiff den Herrschenden nicht mehr genug Profit einfährt, wenn es ins Schlingern kommt, dann sollen die im Bauch des Schiffes arbeitenden das ausbaden.

Was da derzeit wieder einmal ins Schlingern kommt, sind im Wesentlichen zwei Komplexe: der der ökonomischen Stabilität, also Vollbeschäftigung, Wirtschaftswachstum und stabile Wechselkurse; sowie der Komplex aller Außenbeziehungen, also internationaler Handel, strategische, politische und militärische Relationen. Das Funktionieren dieser Komplexe ist absolute Voraussetzung für eine zentrale Stütze kapitalistischer Herrschaft: das Vorhandensein der oben erwähnten Massenloyalität. Bei einzelnen beginnt die bereits zu schwinden, ;Staatsverdrossenheit‘ nennt sich das, so lange es noch nicht in offene, organisierte Ablehnung des Systems umschlägt. Dann wird es im Sprachgebrauch der herrschenden ‚Aufruhr und Terrorismus‘ genannt. Zurzeit haben sie allerdings mehr die alten Sprüche vom ‚Gürtel enger schnallen‘, vom ‚mehr arbeiten und mehr leisten‘ drauf und dass die angeblichen ‚fetten Jahre‘ nun vorbei seien und ‚alle Opfer bringen‘ müssten. Nun, von den ‚fetten Jahren‘ hat das Volk ohnehin nie viel gesehen und angesichts der Wirtschaftsentwicklung wird es auch weiter ‚Opfer bringen‘ sollen, wenn es nach dem Willen der Bonzen geht.

Schließlich steht die Welt mit einem Bein schon in einer Wirtschaftskrise, wie es sie seit 1929 nicht mehr gegeben hat. Bereits jetzt gibt es in den Industriestaaten über zwanzig Millionen Arbeitslose und die Inflation liegt durchschnittlich weit über zehn Prozent. Die Leistungsbilanzen der meisten Staaten sind negativ und auf den Finanzmärkten schwirren Milliarden Dollar Spekulationsgelder herum, die alle festen Wechselkurse in schönster Regelmäßigkeit purzeln lassen. In form von Anlagen bei Metropolenbanken sorgen weitere Milliarden Petrodollars dafür, dass die kriselnde kapitalistische Wirtschaft nicht wie ein Kartenhaus zusammenbricht. Aber auch die mächtigen USA können ihre Geldpressen nicht ewig heißlaufen lassen, ohne dafür mal haften zu müssen. Spätestens dann, wenn immer mehr Staaten davon abgehen, den Dollar als Welthandelswährung zu akzeptieren, kämen für die Weltmacht Nummer eins schlechte Zeiten. Dann könnte sie nämlich ihre Ölrechnungen nicht mehr mit billigen selbstgedruckten grünen Zettelchen begleichen. Zudem auch die Konkurrenz zwischen den Konzernen vermittels ‚ihrer‘ Nationalstaaten auf dem Weltmarkt immer härter wird. Japan, die USA und die EG beginnen sich um die letzten Stücke Kuchen auf dem Teller zu streiten.

Dass das in den einzelnen Ländern ohne erhebliche Verluste für die jeweils unterlegenen Branchen abgeht, braucht niemand zu glauben.

Sei es, dass die Konzerne die Preise und damit die Inflationsrate erhöhen; sei es, dass sie beim Staat um Steuergelder zur ‚Rettung von Arbeitsplätzen‘ – sprich: ihrem Profit – nachsuchen, oder dass sie riesige Rationalisierungsinvestitionen tätigen.

So müssen die Malocher dreifach zahlen, durch Reallohnsenkungen, ihre Steuern und dann noch mehr arbeiten. Trotz steigender Unfallzahlen und Berufskrankheiten wird heute pro Kopf erheblich mehr produziert als früher und längst nicht im gleichen Maß sind die Löhne angestiegen. Die Ausbeutung des einzelnen wird immer größer und die Arbeit durch alleine auf Gewinn ausgerichtete Rationalisierungen immer stumpfsinniger. Die Menschen werden zu Handlangern für Maschinen, das ist die Perspektive, die dieses System anzubieten hat. No future!

Die Facharbeiter werden aussterben und dafür entsteht eine neue Schicht von Gelegenheitsarbeitern und Jobbern, die je nach Belieben des Unternehmens geheuert und gefeuert werden können. Und diejenigen, die angesichts dieser Berufsaussichten lieber gleich ihre Kohle vom Arbeits- oder Sozialamt holen, werden auch durch immer neue Schikanen und Geldkürzungen irgendwann gezwungen sein, sich auf ‘nen totalen Scheißjob einzulassen, um überhaupt noch genug Kohle zum Leben zu haben.

In früheren Krisen konnte der Staat aus seinen Ressourcen und mit Hilfe einer immer stärkeren Staatsverschuldung die Konjunktur wieder neu ankurbeln, Neuinvestitionen durch Zuschüsse und Steuervergünstigungen wieder profitabel erscheinen lassen. Auch nahm er immer mehr Menschen in seine Dienste und konnte dadurch die Arbeitslosenrate senken. Aber selbst Beamte müssen bezahlt werden, Einstellungsstopps im öffentlichen Dienst und so genannte ‚Maßnahmen zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen‘ sprechen eine deutliche Sprache. Übrigens steigen seit diesen ‚Kostendämpfungen‘ die Todesraten in staatlichen Krankenhäusern. Mit anderen Worten: es müssen mehr Menschen als früher an unzureichender Versorgung sterben, weil sie die Bilanzen des Staates belasten.

In einer Zeit, wo die BRD stärker in internationale Pflichten imperialistischer Herrschaftssicherung genommen wird, muss sie immer mehr aus der Rolle des Wirtschaftswunderknabens in die des Zahlmeisters faschistischer Diktaturen treten, die die USA nicht mehr alleine finanzieren können. Die Millionen und Milliarden, die die BRD an türkische Militärs zur Unterstützung ihrer Folterherrschaft und an Ägypten zur Sicherung des Camp-David-Abkomrnens zahlt, kommen fast ausschließlich aus dem Topf, der früher für innerstaatliche Reformen benutzt wurde. Irrsinnige Rüstungsanstrengungen der BRD und anderer Nato-Staaten tragen noch dazu bei, dass der soziale Friede im Lande, wie er früher von einem zahlungskräftigen Staat noch erkauft werden konnte, allmählich unbezahlbar wird. Damit ist es letztlich wieder die Bevölkerung aller Länder, die die Lasten imperialer Auseinandersetzungen zu tragen hat, ob sie nun ;den Gürtel enger schnallen‘ soll für ein vorgebliches ‚Allgemeinwohl‘, oder sei es, dass sie wieder einmal als Soldaten des Kapitals auf dessen Beutezügen verbluten soll.

Die Energiekrise, die hauptsächlich eine Krise des Profits der Kapitalisten ist, soll mit Gewalt gelöst werden, wie zum Beispiel die iranische Revolution vom imperialistischen Hampelmann Saddam Hussein und seiner irakischen Armee zerschlagen werden soll. US-Soldaten kämpfen weltweit für die Interessen von Exxon, Standard Oil, US Steel und für die Ausbeutung des American way of life von Coca Colas Gnaden ,der französische Imperialismus hat nach seiner Niederlage in Algerien nicht aufgehört, einen Putsch nach dem anderen in Afrika aufführen zu lassen und gemeinsam mit anderen Nato-Staaten interveniert er offen in den Ländern, die seinem Einfluss zu entgleiten drohen. Alle westlichen Industrieländer gemeinsam bereiten ihre Intervention im nahen Osten vor für den Fall, dass die Ölquellen ihrem Einfluss entzogen werden. Hinter dem Afghanistan-Geschrei verbirgt sich nur schlecht der Ruf nach mehr Profit und nach billiger, verfügbarer Energie.

Aus historischen Gründen hat die BRD zwar bisher keine Soldaten in offenen Konflikten eingesetzt, aber das deutsche Kapital kämpft wieder seit Jahrzehnten an der internationalen Front um seinen Anteil an der Ausplünderung der dritten Welt. Durch Waffenlieferungen beteiligt es sich zudem daran, faschistische Diktaturen oder so genannte ‚befreundete Regierungen‘ an der Macht zu halten. Deutsche transnationale Konzerne arbeiten heute in nahezu allen Ländern der Erde. AEG, Basf, Bayer, Siemens, Daimler Benz und VW agieren in Lateinamerika, als ob es ihr Betriebshof wäre. In enger Zusammenarbeit mit den Militärregimen sichern sie sich ihre Extraprofite. So sorgt zum Beispiel alleine im VW-Werk von Sao Paulo ein siebenhundert Mann starker paramilitärischer Werkschutz für das Funktionieren der Ausbeutung. Der Berliner Scheringkonzern macht die medizinischen Versuche, die früher von der deutschen Pharmaindustrie in den Konzentrationslagern gemacht wurden, heute mit Indiofrauen in Ecuador und Kolumbien. Was ihn übrigens nicht darin hindert, auch hier Menschen für seine Versuche zu benutzen, so lange die nichts davon erfahren und sich nicht dagegen zur Wehr setzen.

Investoren der Deutschen Bank, von Bosch, Henkel, Hoechst und BMW tragen dazu bei, das südafrikanische Rassistenregime an der Macht zu halten. In ihren Tochtergesellschaften profitieren BRD-Konzerne entgegen allen UNO-Resolutionen von der Rassenunterdrückung in Südafrika. Daimler Benz baut Fabriken für Panzermotoren und lieferte an die Burenpolizei Unimogs, die in leicht veränderter Version gegen die Revolten von Soweto eingesetzt wurden. Heckler & Koch Gewehre sorgen in den Händen der Militärs von Guatemala dafür, dass (Toten)Ruhe und (kapitalistische) Ordnung herrschen. Fregatten und Lizenzverträge für Panzerproduktionen tragen dazu bei, die argentinische Junta am Ruder zu halten; Atomfabriken der KWU sichern der brasilianischen Diktatur die Option für ihre atomaren Träume. Zum Teil über Drittländer liefern BRD-Rüstungskonzerne Kriegsmaterial an Israel zur Unterdrückung der arabischen Linken und des palästinensischen Befreiungskampfes. So genannte ‚anti-aufruhr-mittel‘ wie Wasserwerfer, CN-Tränengas und selbst Handschellen und Gummiknüppel gelangen aus deutschen Fabriken, wie zum Beispiel der staatlichen Diag, an Folterherrscher wie Paraguays Stroesser oder seinerzeit an den Schah. EG Nahrungsmittelkonzerne zwingen ‚Drittweltländer‘, anstelle dringend benötigter Grundnahrungsmittel Luxusfressalien anzubauen. Hungerländer aus der Sahelzone exportieren täglich per Luftfracht Tomaten und Auberginen direkt in die Metropolenstädte; angesichts dessen ist es purer Zynismus, wenn hier bei Almosensammlungen gegen den Welthunger immer von Naturkatastrophen geredet wird. Die eigentliche ‚Naturkatastrophe‘ ist die aufgezwungene imperialistische Weltmarktordnung und die von ihr eingesetzten korrupten Regierungen.

Auch davon, dass für die Schrankwände und Schreibtische der Reichen die Teakholzwälder der Elfenbeinküste abgeholzt werden und dadurch ein ganzer Landstrich versteppe und seine Bevölkerung verelendet, redet hier niemand, wenn wir es nicht tun.

Obwohl die Reichtümer der dritten Welt seit Jahrhunderten in die Metropolen geschafft werden, ist es doch nicht einfach so, dass das Proletariat der Industriestaaten der Parasit der dritten Welt wäre. Schließlich besteht der Widerspruch zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten auch in den Metropolen selbst. In einer anderen Form, das Elend hier ist ein anderes als in den Slums der dritten Welt, aber der gesellschaftliche Reichtum fließt auch hier nicht dem Volk zu, sondern füllt die Taschen der Konzerne oder wird für Rüstung und militärische Absicherung imperialer Herrschaft verbraucht. Eine linke ‚Argumentation‘, wonach hier nur Metropolenchauvinisten und Ausbeuter der dritten Welt leben würden, läuft Gefahr, darüber den Klassencharakter des Systems hier zu vernachlässigen. Es gibt keine Einheit der Metropolenbewohner gegen die unterdrückten Völker und wo es dennoch so erscheint, liegt dem eine rassistische staatliche Desinformationspolitik zugrunde. Das ist ein Problem, was zu lösen ist, aber eben kein Beleg dafür, dass hier alle von den geplünderten Reichtümern anderer Länder profitieren würden.

Bewusstsein über internationale Zusammenhänge der Ausbeutung und Herrschaft ist in den letzten ein, zwei Jahren wieder gewachsen, nachdem es jahrelang still war in dieser Hinsicht auf den Straßen. Internationalismus bedeutet die Kämpfe der Befreiungsbewegungen durch Aktionen zu unterstützen, wobei aber immer klar sein muss, dass solche Aktionen unter den hier bestehenden Bedingungen der sozialen Kämpfe durchgeführt werden müssen.

Aktuelles Beispiel für eine legale Unterstützungsaktion des Befreiungskampfes ist die Spendensammlung ‚Waffen für El Salvador‘. Natürlich ist es richtig, soviel Kohle wie möglich für diesen Zweck zusammenzukriegen, aus den Metropolen in die dritte Welt zu schaffen. Allerdings ist es ja nicht einzusehen, dass nur die Linken, die eh nicht soviel Kohle haben, spenden sollen und die, die das System des Imperialismus tragen, somit direkt oder indirekt verantwortlich sind, ungerupft bleiben. Dass die, die zu den Ausbeutern hier zählen und unbehelligt in ihren Villen sitzen und zusehen, wie ihr Geld immer mehr wird und nicht mal damit konfrontiert werden, dass andere Menschen in Flüchtlingslagern sitzen und nicht mal genug fürs Fressen, geschweige denn für Waffen haben, um endlich ihre Unterdrücker angreifen zu können. In den Händen von Befreiungsbewegungen ist Geld erheblich sinnvoller als auf den Konten der Kapitalisten hier. ‚Friede den Hütten und Krieg den Palästen‘ heißt in der Praxis eben auch: Kohle für den Kampf um nationale Befreiung und Selbstbestimmung und Krieg den Geldsäcken in Europa.

Die Staatsanwaltschaft hat sich hier mal ausgelassen, dass die Entführung des mehrfachen Millionärs Palmers ein ganz gewöhnlicher krimineller Akt gewesen wäre. Die Villen im Tessin, die sich die angeblich kriminellen Entführer von den viereinhalb Millionen gekauft haben, sucht sie allerdings bis heute. Es geht ja auch nicht in den Kopf eines Bürgers, dass Geld nicht nur zum eigenen Nutzen verdient und beschafft werden kann, dass es auch umverteilt werden kann schon zu Zeiten eines erst beginnenden Kampfes um gerechtere Verteilung des Reichtums zwischen Nord und Süd. Aber auch mit noch soviel Kohle aus denn Kassen der Metropolenbanken können die Befreiungsbewegungen immer nur einzelne Glieder des Imperialismus angreifen und zerstören, das eigentliche Herz der Bestie können wir nur hier im Zentrum selbst vernichten.

Solange die imperialistische Herrschaft ihre Macht noch aus dem ungeheuren Reichtum, den technologischen und militärischen Mitteln, die hiervon den arbeitenden Menschen geschaffen werden, ziehen kann, wird der Imperialismus nicht aufhören zu existieren.

Die Überwindung der Klassengesellschaft in den Metropolen ist der Schlüssel zur Zerstörung imperialer Ausbeutung. Es ist eine Frage der Strategie, wie wir diesen Schlüssel in die Hand bekommen können. Manche glauben, dass die einzig Erfolg versprechende Möglichkeit in einem engen Aktionsbündnis mit den Befreiungsbewegungen der dritten Welt liege. Bei aller notwendigen Solidarität – der Versuch, darüber hinaus eine operationelle Einheit zu schaffen, musste scheitern. So, wie alle, die bisher versucht haben, ihre Praxis ausschließlich nach internationalen Prozessen auszurichten, in ihrem eigenen Land Niederlagen einstecken mussten und ihre politische Autonomie verloren.

Revolutionäre Praxis ist immer konkret, das heißt, sie bestimmt sich immer an den jeweiligen Gegebenheiten und Bedingungen des Kampfes. Internationalismus ist ein Schnittpunkt vieler Widerstandslinien, aber es ist nicht möglich, aus dieser abstrakten Kategorie die jeweils notwendige Strategie und Taktik abzuleiten. Die Wege zur Revolution verlaufen je nach Geschichte, Kultur, politischer und ökonomischer Entwicklung eines jeden Landes unterschiedlich. Praxis entsteht vom Konkreten ausgehend hin zum allgemeinen, vom Nationalen hin zum Internationalen: Revolutionen lassen sich zwar von außen unterstützen, aber niemals fernsteuern oder schlicht vereinheitlichen. Ein Versuch in dieser Richtung würde den historischen Prozess von den Füssen auf den Kopf stellen.

Ein Kampgefährte von Che Guevara hat mal gesagt, dass es zwar sehr wichtig ist, die internationalen Zusammenhänge im Kopf zu haben, dass man aber die Hände immer mit den konkreten, nationalen Problemen beschäftigen muss, anderenfalls würde man sich auf die Schnauze legen. Mit anderen Worten heißt das für uns, autonom an der Basis hier zu kämpfen, um eines Tages die Befreiung der Menschen weltweit erreichen zu können.

In diesem Kampf um Befreiung spielt der Faktor Zeit eine immer größer werdende Rolle. Was die alten Revolutionsstrategen von Marx bis Bakunin noch nicht wissen konnten, liegt heute im Bereich des Möglichen: Dass die Erde nach dem Abgang der Ausbeuter von der weltgeschichtlichen Bühne nicht mehr bewohnbar sein wird, verwandelt in eine strahlende Wüste.

Mit den heute verfügbaren Waffensystemen wäre die Erde mehrfach total zu zerstören. Alleine in der BRD lagern etwa siebentausend Atomgranaten und Sprengköpfe, die angeblich den Frieden sichern sollen. Bald werden es etwa zehntausend sein, die den Frieden dann noch ‚sicherer‘ machen sollen. Mit derartig perversen Zahlenspielereien, wie auch dem wieder anschwellenden Propagandageschrei von der ‚Gefahr aus dem Osten‘, soll die Möglichkeit eines neuen Krieges in den Köpfen der Menschen als nicht mehr völlig unwahrscheinlich erscheinen; gleichzeitig soll von den inneren Widersprüchen auf einen angeblichen äußeren Feind abgelenkt werden.

Die BRD ist Aufmarschgebiet der Bundeswehr und der hier stationierten ausländischen Nato-Truppen gegen die RGW-Staaten; im Falle eines Krieges würde sie völlig zerstört, was selbst die Militärs und die Regierungen in ihrem Zynismus nicht leugnen. Bei einer derartig düsteren Perspektive ist es nur logisch und wichtig, dass sich wieder eine breite Antikriegsbewegung entwickelt, die sowohl gegen die Möglichkeit eines atomaren Holocaust, wie gegen die Nato-Hochrüstung, als auch nicht zuletzt gegen ein Widererstarken des deutschen Militarismus kämpft.

Was am 6. Mai in Bremen und später in Bonn, Hannover und anderswo passiert ist, war ein Ausdruck dieses Kampfes. Neben alten Antifaschisten, Pazifisten und anderen Kriegsgegnern steht hier die Linke nicht zuletzt deshalb, weil sie einen Widerwillen gegen die Roboterisierung von Menschen zu Kampfmaschinen und gegen jeden Kadavergehorsam ist. Krieg gegen den Krieg ist immer ein Kampf gegen die, die im eigenen Land die Kriegspläne ausarbeiten und vorbereiten: die Nato-Strategen, die Rüstungskonzerne, die Revanchisten und all ihre Handlanger. Kurz gesagt: Klassenkampf. Denn diese Interessengruppen und ihre militaristische Geisteshaltung sind auch dafür verantwortlich, dass Aufrüstung nach außen immer mit der nach innen zusammenläuft, die Repression im Lande verschärft wird.

Hinter der Möglichkeit absoluter Zerstörung durch einen Krieg steht aber auch die der allmählichen Vernichtung des Lebens auf der Erde. Großtechnologien, die nicht zu kontrollieren sind, Strahlungsruinen und vergiftete Landstriche a la Seveso, zubetonierte Städte, die Menschen verrecken an unbekannten Seuchen, weil einem irren Gen-Biologen einige seiner neuen Bakterien aus dem Labor entwischt sind, eine totale, computerisierte Kontrollmaschine a la Orwells 1984, die Rebellionen bereits im Vorfeld aufspürt und durch hochgerüstete Polizei- und Militäreinheiten vernichtet ...

Das alles sind keine erfreulichen, aber leider auch keine unmöglichen Aussichten gegen eine lebenswerte Zukunft. Ob so etwas Wirklichkeit wird, hängt von jedem Einzelnen ab; davon, ob er dagegen ankämpft, oder ob er nichts macht und seine letzten Tage noch in Ruhe zu genießen gedenkt. Aber wer seine Hoffnung und seinen Widerstandswillen verliert der wird auch seine Freiheit und seine Zukunft verlieren

Der Zeitdruck, etwas erreichen zu müssen gegen die allmähliche Zerstörung der Erde, ist im Bereich Ökologie spätestens seit Harrisburg und Seveso allgemein bekannt und die Anti-AKW-Bewegung verläuft mit ihren unzähligen Gruppen und Vertretern quer über den alten Klassenwiderspruch hinweg in einer breiten Front gegen die Atomstaatsperspektive.

Der Zeitdruck aber, die Möglichkeit einer totalen Kontrolle durch die Computerisierung, der Repressionsfunktionen noch rechtzeitig zu verhindern, ehe der staatliche Informationsvorsprung derart ist, dass jede Rebellion bereits im Vorfeld ausgerechnet und zerschlagen werden kann, ist noch viel zu wenig im Bewusstsein. Obwohl gerade die radikale Linke von diesen Rechenmaschinen gesteuerten Strategien am meisten betroffen und bedroht ist, hat sie die Diskussion bisher weitgehend den Reformisten überlassen, denen außer Datenschutzgesetzen entsprechend wenig eingefallen ist.

AKWs stehen ja sehr augenfällig in der Landschaft und ihre Auswirkungen sind exakt messbar, während Computer großteils unsichtbar in klimatisierten Bunkern untergebracht sind und deren Gefährlichkeit in winzigen elektrischen Schaltkreisen ruht. Gerade diese schwer zu erfassende, subtile Bedrohung macht die Gefährlichkeit aus. Massenhafte Sammlung von Daten und ihre maschinelle Auswertung sind technische Grundlage, für das funktionieren bürgerlicher Herrschaft und sozialer Kontrolle; ohne Computer funktioniert das ‚Modell Deutschland‘ nicht.

Wissen ist Macht. Eine Binsenweisheit, die aber in Gestalt von präventiv gespeicherten Fingerabdrücken, Schrift-, Blut- und Haarproben, Stimmaufzeichnungen und digital auswertbarer Fotos sehr real wird, bei Rasterfahndungen werden handschriftliche Meldezettel ganzer Regionen überprüft, Computer überwachen internationale Telefonleitungen nach bestimmten Stimmen oder Reizwörtern. Wer heute zum Beispiel in einem Gespräch mit London das Wort ‚IRA‘ benutzt, kann sicher sein, dass dann irgendein Geheimdienst in der Leitung hängt. Die Bundespost schafft derzeit zwecks Rationalisierung Geräte an, die handschriftliche Adressierungen entziffern können, die aber auch in Verbindung mit BKA-Computern bestimmte Handschriften aussortieren könnten.

Datensammlung ist die eine Seite dieser dreckigen Medaille, Datenverfügbarkeit die andere. Kleine, transportable Terminals sollen bald jeden Streifenwagen und jeden Kop direkt mit Großcomputern verbinden. Auf Knopfdruck erfahren die dann von der Schuhgröße bis hin zu Vorstrafen oder Ermittlungsverfahren praktisch alles von jemandem. Über die so genannte ‚Hauskartei‘ der Kobs sogar noch, was in der jeweiligen Mülltonnen so zu finden ist. Ein VS-Spitzel bekäme von geheimen Nachrichtensammlungen vermutlich auch noch eine Liste aller Bekannten seit der Grundschule mitgeliefert.

Wenn praktisch alle Informationen über jemanden zentral verfügbar sind, dann ist der oder diejenige ausrechenbar, ob und wann er beginnen könnte Widerstand zu leisten. Bereits im Vorgriff könnten dann Schnüffler, Sozialarbeiter oder sonst wer auf ihn angesetzt werden. All das ist ohne einen breiten Datenverbund zwischen sämtlichen Behörden – von der AOK bis zum BND – nicht möglich, ohne die Zuträger – vom Kob bis zum Sozial- oder Arbeitsamt – auch nicht. Der, der Daten verfügbar hat, wird immer mehr Macht haben als der, der nur gespeichert ist, egal, in welcher Gesellschaftsordnung. Klar, es geht nicht um Maschinenstürmerei oder um den kleinen Bürocomputer, aber man sollte sich ernsthaft überlegen, gegen Großrechneranlagen und alle Arten von Datenverbundsystemen anzugehen. In Frankreich hat die ‚Action Directe‘ bereits mehrere Anlagen angegriffen und dabei sogar militärische Programme zur Steuerung von Atomraketen zerstört. Auch in der BRD wäre es höchste Zeit, die weitere Computerisierung massiv zu stören. Sowohl die Zuträger der Datensammlungen zu behindern als auch die IBM-, Honeywell- oder Siemens-Computer direkt zu knacken.

Zu Beginn des Schlusswortes steht, dass es darum geht, die radikale Linke mit den sozialen Massenbewegungen der achtziger Jahre zusammenzubringen. Der Kampf im Stadtteil, der Häuserkampf ist ein Beispiel dafür, wo es ansatzweise schon so läuft. Zu der Kampfbereitschaft der Linken kommt die Notwendigkeit sozialer Veränderungen, wie sie der Staat aber nicht mehr zulassen kann, will er sich nicht selbst in Frage stellen. Das ist auch die Ausgangsposition, wie sie sich noch in anderen Bereichen einstellen wird in den nächsten Jahren. Der wachsende Widerspruch zwischen sozialen Unausweichlichkeiten und Staatsinteressen ist unsere Chance, etwas zu erreichen.

Seitdem die klassischen Disziplinierungsinstanzen wie Fabrik, Schule oder Familie immer weniger diese Rolle übernehmen und sich auch der Widerstand mehr in den unmittelbaren Lebenszusammenhang des Stadtteils verlagert hat, versucht der Staat diesen Bereich einzukreisen und unter Kontrolle zu bekommen. Die Bullenpräsenz wird erhöht, immer mehr Zivile lungern auf den Strassen herum, die kleinen Reviere werden durch festungsartige Einsatzzentralen ersetzt und staatliche Sozialarbeiter überschwemmen Jugendheime und Freizeitzentren. Auch die mobilen Einsatzkommandos haben inzwischen von Hippietarnung auf ‘ne Kostümierung als Punks umgeschaltet und hängen auf Veranstaltungen rum, wo sie regelmäßig Schlägereien anzetteln und Leute verhaften lassen. Die staatliche Präsenz im Stadtteil soll außer den erwähnten Datensammlungen im Prinzip eines bewirken: Unruhe und Misstrauen zu säen, um Solidarität zwischen den Rebellierenden im Stadtteil zu verhindern.

Es gibt auch genug Fälle hier, wo große Heroindealer gedeckt werden, während die kleinen Fixer rigoros abgegriffen werden. Vor bald zehn Jahren haben die Black Panthers am Beispiel Harlem nachgewiesen, wie Heroin als besonders schweinisches Mittel eingesetzt wird, um die revoltierende Jugend still zu machen, in individuelle Probleme zu drücken, damit kein organisierter und solidarischer Widerstand entsteht. Und was das amerikanische FBI aus diesem Grund lange geduldet hat, wird auch den deutschen Bullen nicht ganz fremd sein. Schließlich weiß inzwischen jeder, dass vergleichbar zur Mafia in Harlem in der BRD türkische Faschisten am Heroinhandel ihre Kohle machen und dabei selbst nur selten drangekriegt werden. Selbst aus Zürich ist zu hören, dass dort seit dem Beginn der Bewegung immer mehr Heroin auf den Markt geworfen wird, von wem auch immer. Jedenfalls kann die Linke nicht tatenlos zusehen oder sich mit reformistischen Therapieprogrammen begnügen, wen Großdealer dazu beitragen, da Widerstand im Stadtteil behindert wird.

Sowenig wie gegen faschistische graue Wölfe gemacht wird, so häufig gehen Ausländerpolizei und Arbeitsämter gemeinsam gegen linke Arbeitsemigranten vor, wenn es darum geht, sie abzuschieben und ihre hiesige politische Arbeit zu verhindern. Auch die ausländischen Genossen versuchen im Stadtteil zu arbeiten und es wäre ein Stück praktischer Internationalismus mit ihnen dort wo immer möglich zusammen zu handeln, zudem würden dadurch auch viele Erfahrungen für die deutsche Linke verfügbar werden, die die ausländischen Linken schon früher gemacht haben.

Zu den staatlichen Methoden der Widerstandsbekämpfung gehört auch, dass alte Stadtviertel abgerissen werden und die Bevölkerung in neue, unter Beteiligung des BKA geplante, Vorstädte abzuschieben. Alle neuen Hochhausgebilde sind so angelegt, dass sie relativ leicht zu überwachen sind und ihre Struktur erwarten lässt, dass sich keine großen Gruppen von Bewohnern zusammentun, sondern vielmehr alle mehr oder weniger vereinzelt ihren Frust vor der Glotze ersäufen. Zusammen mit dem Profithunger der Baugesellschaften, der sich nur bei großflächiger Kahlschlagsanierung befriedigen lässt, ist dieses Kontroll- und Entsolidarisierungsinteresse verantwortlich dafür, dass manche Städte wieder so aussehen wie nach dem zweiten Weltkrieg und Beton alles beherrscht.

Aber auch die immer höher werdenden Mieten, die Einführung des weißen Kreises und die Zerstörung großer Wohnungen werden auch immer mehr Leute gezwungen, sich gegen diese Angriffe auf ihre Lebensbedürfnisse zu wehren. Staatliches Wohngeld wird immer dünner tröpfeln und die kommunalen Verwaltungen sind in ihrer Korruptheit nur dazu in der Lage, die Wohnungsbaugesellschaften entweder weiter durch Abschreibungsgelder vor Pleiten zu schützen, oder sich immer neue Bauskandale einzuhandeln. In Westberlin funktioniert selbst diese Alternative nicht mehr: Die Skandale fallen mit den Pleiten auf einen Tag.

Und zu dieser Situation kommen dann noch die, denen es eh nicht passt, dass Wohnen nur eine Ware zum Nutzen einiger Besitzer ist und die deshalb anfangen sich zu nehmen, was sie brauchen. Das ist sowohl ein Modell für andere, die kurz davor stehen, auf die Strasse zu fliegen, als auch ein Ausdruck von selbstverwalteter Gegenmacht, die die staatlichen Verwaltungs- und Kontrollansprüche durchbricht, die gegen das staatliche Gewaltmonopol verstößt, ist auch das, was die Bonzen vielmehr stört als das Wohnen in ein paar ohnehin leerstehenden Häusern. Das könnten sie zur Not noch verkraften, so lange nicht die Profite der Sanierungsgesellschaften gefährdet sind und so lange sie wissen, wer in welchem Haus wohnt und was darin vorgeht. Wenn die Häuser aber zu befreiten Gebieten werden, dann überschreitet das den Rahmen, in dem der Staat noch mit sich handeln lässt.

Bis vor ein paar Wochen hat ja noch die breite und militante Unterstützung der Linken für die besetzten Häuser den Senat davon abgehalten, zu räumen oder auch nur zu durchsuchen. Inzwischen ist das leider anders, seitdem die Bewegung nicht mehr so einig scheint, wie noch zu Beginn des Jahres, und auch Massenfestnahmen und selbst Räumungen mitten in Kreuzberg nicht mehr tagelange Krawalle und Sachschäden in Millionenhöhe hervorrufen, wird die taktische so genannte ‚Berliner Linie‘ aus Zuckerbrot und Peitsche immer mehr zur harten Linie. Das letzte krumme Zuckerbrot, das noch hingehalten wird – das Angebot des Senats, sich eventuell auf Duldungsverträge einzulassen – soll denn auch dazu dienen, den Anspruch staatlicher Kontrolle irgendwie doch noch durchzusetzen und durch eine Integration einzelner Strömungen Ruhe zu schaffen.

Für den gleichen Zweck sind hier auch in den letzten Monaten ein paar hundert Leute festgenommen und ED-Behandelt worden, sofern sie nicht eh zu Abschreckungszwecken eingeknastet wurden. Ich habe vorhin ziemlich lange über Computerisierung und Erfassung der Linken geredet, deshalb, weil ich mir nicht sicher bin, dass allen draußen die Zielbewusstheit und Langfristigkeit, die dahinter steht, klar ist.

Nach 1968 waren die meisten Leute, die später illegal wurden, für die Staatsschutzstellen kaum erkennbar und überwachbar, das staatlich verfügbare Material über die ersten Akteure des bewaffneten Kampfes war jedenfalls reichlich mager. Damit sich eben das nicht wiederholt, werden heute noch schnell möglichst viele Linke präventiv gespeichert, um sie dann leichter überwachen und gegebenenfalls später ausschalten zu können. Und genau wie nach 1968 versucht auch heute der VS wieder Spitzel in die Bewegung einzuschleusen. Es ist jedenfalls höchste Zeit, notwendige militante Aktionen so zu machen, das man selber dabei nicht mehr erkennbar auf der Platte steht.

Die letzten nächtlichen ‚Putzaktionen‘ sind ja auch schon mit ziemlich hohen ‚Verlusten‘ und Festnahmen ausgegangen. In dieser Situation muss man sich andere Kampfmethoden überlegen, um sich gegen die kommenden Räumungen und Schläge gegen die Bewegung, wie auch konkret gegen die neuen Bullenwaffen bei Demos zu wehren.

Man muss die Taktik im Kampf ändern und nicht den Kopf in den Sand, beziehungsweise in die Müslischüssel, stecken und sich alleine auf Verhandlungen verlassen das ist nur für die eine (scheinbare) Lösung, die nicht über ‚ihr‘ haus hinaussehen können und politisch auch nicht mehr wollen. Für all die, die den Häuserkampf als nur ein Terrain unter vielen im Kampf um Autonomie gegen den Staat begreifen, stellt sich mal wieder die uralte Frage nach dem ‚was tun?‘

Auch insofern ist die Situation heute mit der Ende der sechziger Jahre vergleichbar, als die APO an inneren Widersprüchen und unter der staatlich Repression zerfiel und dann unter anderen auch die ersten Stadtguerillagruppen entstanden sind.

Kalle Marx hat mal geschrieben, dass die Geschichte sich wiederholt, das erste Mal als Tragödie und dann als Farce. Ich meine zwar nicht, dass es nach 1968 nur eine Tragödie war, aber es muss auch sicher sein, dass eine neue militante Bewegung nicht zu einer Farce wird. Um das zu verhindern, muss eben auch aus der bisherigen Geschichte der Stadtguerilla gelernt werden. Zu der Spontaneität und Kampfbereitschaft der Bewegung muss noch der lange Atem des Organisierens und der Verbindlichkeit kommen, sonst bleiben alle unsere Kämpfe Eintagsfliegen.

In dem Maße, wie der Konsens des Volkes mit Staat verfällt und damit auch das staatliche Gewaltmonopol ins Wanken gerät, kann und muss sich Gegenmacht entwickeln. Denn sonst würde, die relative Schwäche der Herrschenden niemals zu einer Stärke der Linken werden.

Langfristig können die Auseinandersetzungen der kommenden Jahre, in die immer größere Teile des Volkes einbezogen werden, nur mit der notwendigen Beharrlichkeit und Intensität geführt werden, wenn man die Kämpfe zu seinen eigenen macht. Autonome Gruppen müssen sich zukünftig in allen Bereichen der sozialen Bewegungen verankern, ob das nun die Frauenbewegung, die Häuserkämpfe oder die Anti-AKW-Bewegung ist. Über die autonome Selbstorganisation in den einzelnen Bereichen hinaus wird auch die Zusammenarbeit der einzelnen Gruppen durch Notwendigkeiten Bündnisse einzugehen bestimmt sein und nicht durch eine aufgezwungene Unterordnung.

So eine Organisationsform, das Miteinander verschiedener linker Ansätze und Gruppen, macht die stärke einer Bewegung aus. Ihre inneren Widersprüche widerspiegeln, die im Volk allgemein vorhandenen und das verhindert Einseitigkeit und Verknöcherung. Nicht eine steril reine politische Linie bringt stärke, sondern das Bewusstsein über eine Einheit in der Vielfalt. Nur jemand, der wenig von Dialektik versteht, kann auf Einförmigkeit bauen. Denn ohne Auseinandersetzung, Kritik und Selbstkritik gibt es keine Entwicklung und keinen Fortschritt.

Was für die Autonomie der einzelnen Gruppen gilt, ihre Selbstbestimmung innerhalb der Bewegung, gilt auch für die Auswahl der Methoden im Kampf. Die sind selbstverantwortlich alleine danach festzulegen, ob sie vertretbar sind und die Bewegung voranbringen, beziehungsweise den Gegner schwächen, autonom zu sein, bedeutet auch seine Kampfform selbst zu wählen und sich nicht vorschreiben zu lassen, was man zu tun habe oder was man zu unterlassen habe. Dabei darf man sich weder durch Gesetze einengen lassen, noch umgekehrt einem Denken gemäß kapitalistischer Leistungsschemata verfallen, wonach es wertvollere und weniger wichtige Formen im Kampf gäbe. Die Form einer Aktion sagt nichts über die politische Qualität einer Aktion aus, der Inhalt und das Angriffsziel sind entscheidend und durch sie bedingt sich die Form. Es kann nicht oft genug wiederholt werden: Die Politik und die aktuelle Situation bestimmen die Art und Weise einer Aktion. Die Politik befiehlt dem Gewehr und nicht umgekehrt!

So kann eine Druckmaschine in bestimmten Situationen wichtiger sein als ne Knarre; die Gestapo zum Beispiel hat seinerzeit mehr nach illegalen Druckereien gesucht als nach Waffenverstecken. Und es gibt auch genug Anlässe, wo mit legalen oder gewaltfreien Methoden nichts mehr auszurichten ist. Ob da nun ein legal nicht zu verhindern gewesenes AKW seiner Hochspannungsmasten beraubt werden soll, oder der Abriss eines für die Bewegung wichtigen Hauses nur noch militant verhindert werden kann, oder ob es sich nicht zuletzt um die banale Notwendigkeit handelt, sich genügend Kohle für den weiteren politischen Kampf zu besorgen. Linke kommen ja leider nicht so leicht in den Genuss großzügiger Kredite wie stadtbekannte Pleitekapitalisten; heutzutage müssen selbst Bankräuber für die paar tausend Märker härter arbeiten als zum Beispiel der Garski für seine 125 Millionen. Wer von beiden da ‚krimineller‘ handelt, ist wohl keine Frage. Verbrechen in riesigen gesellschaftlichen Dimensionen war im Kapitalismus schon immer straffrei.

Welche Methoden auch immer im Kampf angewendet werden, es gibt keine, die für sich alleine genommen letztlich erfolgreich sein könnte. Erst die Vielfältigkeit der Methoden und die Beweglichkeit in der Strategie verschaffen einer politischen Bewegung Stärke und Widerstandkraft. Es kann uns nur nützen, wenn möglichst viele die verschiedenen Methoden im Kampf erlernen und damit die legalen Handlungsmöglichkeiten der Linken um subversive erweitern (oder umgekehrt – siehe Ätzer). In der organisatorischen Konsequenz bedeutet das, innerhalb der Bewegungen bewaffnete autonome Gruppen zu bilden, die dann in der Lage sind, in aktuelle Konflikte militant einzugreifen, um den Zersetzungsprozess gegen die herrschende Macht voranzutreiben. Durch organisierte Militanz zerfällt die Angst und Ohnmacht des einzelnen gegenüber dem Staat und damit auch ein Grundelement seiner Herrschaft. Die Kämpfe der letzten Zeit sind schon jetzt durch eine Vermischung von Massenmilitanz und subversiven Aktionen geprägt, wie es sie in der Geschichte Westberlins und der BRD noch nie gegeben hat. Es liegt an uns, diese Kämpfe weiter zu entwickeln und voranzutreiben, um die Möglichkeiten der kommenden Jahre für die Linke zu nutzen.

Am Anfang vom Schlusswort standen ein paar Fragen. Danach, wo wir stehen, was wir erreichen wollen, gegen wen – und mit wem zusammen, wir kämpfen müssen. Wir sind keine Oberschlauen, die vorgeben, auf alle diese Fragen Antworten zu wissen. Aber wir wollen, dass es eine Praxis gibt, die diese Fragen zu beantworten versucht. Wir wissen nicht einmal sicher, ob wir siegen werden eines Tages, aber wir wissen, dass wir mit Sicherheit verlieren werden, wenn wir gar nicht erst anfangen zu kämpfen.

Wir wollen uns nicht den Vorwurf gefallen lassen müssen, wir hätten etwas unversucht gelassen, um eine lebenswertere Zukunft zu erreichen. Eine Zukunft, in der wir wieder alle gemeinsam auf der Strasse sind, um die Reste dieses Systems zusammenzufegen und etwas Neues aufbauen.

Bis dann.




Nachbemerkung im Oktober 1981

Der jetzt in der radikal abgedruckte Text, den ich als Schlusswort zum Prozess schon im Januar geschrieben hatte, enthält ein paar Unzulänglichkeiten, da er die letzten Ereignisse nicht mehr einbezieht, und daraus logo auch keine Schlussfolgerungen mehr ziehen konnte. Gerade die „Friedensbewegung“ mit ihrer zahlenmäßigen Stärke und ihren radikalen, reformistischen und neonationalistischen Strömungen kommt viel zu kurz weg. Wichtig wäre es an ihrem Beispiel die Verbindung von Massenaktion, Militanz und Stadtguerillaaktionen aufzuzeigen und darauf aufbauend weiterzuentwickeln. Denn hier wird klar, wie einzelne – für sich alleine genommen nur spektakuläre – Aktionen in Zusammenhang mit einer Massenbewegung exemplarischen und mobilisierenden Charakter bekommen können. (Von den Aktionen ist hier die Rede, zu einzelnen Erklärungen wäre allerdings noch mehr zu sagen).

Die Hintergründe der neuen US-Außenpolitik und Militärstrategie sind im letzten Jahr deutlicher geworden; die US-Hegemonie gegenüber den Nato-Partnern und ökonomischen Konkurrenten mit Mittelmachtambitionen wie Europa oder Japan soll wieder verstärkt werden. Den offenen und ökonomischen Krieg, den Reagan der Dritten Welt und dem eigenen Volk erklärt hat, soll durch neue Waffensysteme an den Flanken des Imperialismus gesichert werden.

Im Inneren bröckelt das Modell Deutschland an seinen sozialen Rändern immer mehr ab; abgesehen von einem festen Stamm ideologisch eingebundener und wirtschaftlich halbwegs befriedigter Angestellter und Arbeiter entstehen immer stärkere Randgruppen, für die es weniger ‚Alu‘ oder ‚Sozi‘, aber reichlich mehr Bullen gibt. Eine gewisse soziale Unruhe in diesem Bereich wird offen einkalkuliert und soll auf dem Niveau des alltäglichen Widerstands gehalten werden, mit dem die Herrschenden schon immer fertig geworden sind, solange er sich nicht organisierte und zur Gegenmacht wurde.

In der Autonomiediskussion der letzten Zeit (auch in der radikal) ist Autonomie als Begriff teilweise zu einer schlaffen Blase verkommen, alles Mögliche nennt sich heutzutage schon so. Wenn das der Bewegung nicht eine Grundlage ihrer Existenz entziehen soll (siehe Zürich aktuell), muss ein Minimum an Theoriearbeit ausgehend von der ja inzwischen reichlich vorhandenen Praxis gemacht werden. Autonomie wird zu oft nur als ein Lebensgefühl und nicht auch darüber hinaus als eine offensive Strategie im Kampf gesehen. Wir kämpfen autonom (selbstbestimmt, mit unseren Methoden von der Basis ausgehend) um immer mehr Gruppen/Bereiche mit einzubeziehen und eines Tages die Autonomie der einzelnen aufzuheben in einer organisierten Gegenmacht. (‚aufzuheben‘ bedeutet dabei sowohl die Selbstorganisationsstrukturen aufzubewahren als auch aufzuheben im Sinne von auf eine höhere Stufe von Bewusstsein und Organisation zu stellen). Eine Gegenmacht, die nicht die Kraft und den Willen hat später dann ihre Rolle als Gegenmacht wiederum ‚aufzuheben‘ wird ewig ohnmächtig bleiben. Wer unter dem Etikett ‚autonom‘ zu sein gegen jede Form von Macht wettert, verurteilt sich letztlich zur Wirkungslosigkeit, aber die Herrschenden werden es ihm trotzdem nicht danken ...

Es wird Jahre dauern hier eine breit gefächerte Gegenmacht zusammenzubekommen und deshalb ist Autonomie auch eine Strategie von heute, morgen und übermorgen und nicht nur für den späten Nachmittag. Schnelle Entscheidungen im Kampf suchen die Bullen gegen uns – ein Grund mehr sich nicht darauf einzulassen und vielmehr über einen langen Zeitraum versuchen vorauszuschauen und schon heute nicht nachzulassen im Kampf.

Dazu gehört auch, dass die Überlegung nach den letzten Angriffen des Senats noch dringender ansteht, über die pure Spontaneität hinauszukommen. Denn die wird auf Grund ihrer logistischen und theoretischen Schwäche auf die offensichtlichsten/oberflächlichen Angriffsziele beschränkt bleiben und kaum bis zu den Wurzeln und Schaltstellen der bürgerlichen Macht vordringen.

Natürlich muss es zum Beispiel immer (Putz)Demos geben, schon allein deshalb, weil es für viele Leute der erste Einstieg in eine politische Praxis ist, aber es wäre auch an der Zeit sich anderen Methoden zuzuwenden und anderen Zielen, die sich auf den ersten Blick noch nicht ergeben und auch nach dem Motto „schmeißen – klirren – rennen“ nicht zu knacken sind.

(Nebenbei: es ist offensichtlich, dass die Bullen den Kampf auf den Straßen im Kiez auszutragen gedenken (da stören sie Schutt und Scherben weniger und die Bevölkerung dort kann gleich noch mit eingeschüchtert werden), aber wieso sollten wir uns darauf unbedingt immer einlassen und uns auf ein von den Bullen aufgezwungenes Terrain beschränken?).

Die Häuser waren und sind ein wichtiger Ausgangspunkt für autonome Organisation und Kampf, wenn es aber bei dieser ‚Monokultur‘ der Häuser bleibt, kann das zu einer Achillesferse werden. Eine weitere Verbreiterung in andere Bereiche hinein, vielfältigere Methoden sich zu verteidigen gegen den nächsten Schlag; das muss bald laufen, sonst gibt es mehr Verluste und Rückschläge als nötig. Selbst für den Fall, dass es keine besetzten Häuser mehr wie bisher gibt, sollte nachgedacht werden. Das wäre kein Defätismus, sondern pure Vorsicht, außerdem würden ein paar eh anstehende praktische Konsequenzen noch deutlicher werden.

Das muss sich aber jeder selbst erarbeiten, deshalb hab ich mich auch bemüht im Schlusswort schematische Rezepte zu vermeiden, denn die würden eh nur wieder neben all den anderen ‚heißen Broschüren‘ im linken Bücherschrank verschwinden. Und das wäre so ziemlich das letzte, was ich wollte.

Klaus Viehmann